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Gringos auf Abwegen

by - 7 Aug 2010

Bis Machu Picchu sind wir noch dem gaengigen Gringotrail gefolgt, danach wollten wir jedoch den ausgetretenen Touristenpfad verlassen und das Leben in den entfernten Bergdoerfern der Anden entdecken. So haben wir uns zunaechst nach Ayacucho aufgemacht.
Plaza de Armas von Ayacucho
Hauptplatz ¨Plaza de Armas¨, Ayacucho

Strasse von Lehmhaeusern, Ayacucho
Einfaches Wohnen in Lehmhaeusern, Ayacucho

Auf der Landkarte ist es von Cusco aus nur ein Katzensprung, aber ungeteerte und holprige Strassen, die sich in endlosen Serpentinen um die Berghaenge kringeln, sorgen fuer eine Fahrtzeit von rund 22 Stunden. Bei diesen Busfahrten kann man sich auf viel Lokalkolorit gefasst machen: die Busse sind ueberfuellt, dicke Frauen in traditioneller Tracht setzen sich gerne halb auf den Schoss von Fahrgaesten mit reserviertem Sitzplatz, aus Plastiktueten dampft einem die selbstgekochte, knoblauchhaltige Bohnensuppe entgegen und aus den Lautsprechern droent andine Panfloetenmusik. Unterwegs steigen fuer eine schnelle Verkaufsrunde allerlei Haendler zu, die sich mit warmem Essen, Obst, Getraenken oder wundersamen Medikamenten durch die Reihen quetschen. Wartezeiten an Baustellen werden von klugen Hausfrauen der Umgebung geschickt als Nebenerwerbsstaette genutzt, indem sie an provisorischen Staenden gegrilltes Cuy (Meerschweinchen) und Choclo con queso (Mais mit Kaese) anbieten.

Diese Pausen sind eine willkommene Verschnaufspause von der teilweise haarstraeubenden Fahrt. Die Strassen verlaufen einspurig entlang steiler, ungesicherter Berghaenge. Das heisst jedoch nicht, dass die Strassen auch nur einspurig genutzt werden. So ist immer ein gewisser Nervenkitzel dabei, wenn mal wieder hinter einer blinden Kurve ein Laster auftaucht und der Busfahrer bei eingeschraenkter Sicht und immer nur Centimeter vom Abgrund entfernt, zuruecksetzt, um dem Laster Platz zu machen.

Wenige Touristen nehmen diese Himmelfahrten auf sich, so dass man in Ayacucho – wenn man einmal heil dort angekommen ist – wieder deutlich aus der Masse heraussticht. Die Einheimischen begegnen den Fremden mit Freundlichkeit und sympathischer Neugier. Man wird auf der Strasse gegruesst, es werden Haende geschuettelt und gerne versucht man auch, die grossgewachsenen Auslaender in ein Gespraech zu verwickeln. Woher man komme und was man vom letzten Spiel der Fussball WM halte? Ayacucho ist ein Ort, den man weniger fuer eine Liste von Sehenswuerdigkeiten besucht, als vielmehr um ein Gefuehl fuer authentisches peruanisches Hochlandleben zu bekommen.

WM-Schauen in Ayacucho
WM-Schauen in Ayacucho

Nach einer weiteren unvergesslichen Busfahrt sind wir in Huancayo angekommen, von wo wir zu einer dreitaegigen Anden-Trekkingtour aufgebrochen sind. Mit unserem Guide Magali sind wir ins Taxi gestiegen um uns fernab von der Zivilisation auf 4000m mit dem lokalen Guide Walter, dem Traeger-Pferdchen Lisette und dem Geleitschutz bietenden Hund Camucha zu treffen. Als das arme Pferd mit den knapp 80kg mitgebrachtem Material (Gaskocher, Zelte, Lebensmittel etc.) beladen war, konnten wir unseren Trek starten.

Beginn unserer Anden-Trekkingtour

Lunch am schoenen Gletschersee, Anden-Trekking

Am ersten Tag ging es vorbei an Gletscher-Seen und schneebedeckten Berggipfeln zu unserem ersten Uebernachtungsplatz, wo wir unsere Zelte aufgeschlagen haben. Mittags haben wir Coca-Blaetter gegen die Hohenkrankheit gekaut und abends haben wir gegen die Kaelte Kuhfladen fuer ein Lagerfeuer gesammelt. Dann gings mit einer Waermflasche (in diesem Falle eine Plastikflasche gefuellt mit heissem Wasser) ab ins Zelt.

Kuhfladen-Sammeln fuer Lagerfeuer

Am Kuhfladen-Lagerfeuer

Als wir am naechsten Tag aus unseren Zelten gekrochen sind, waren wir von der Quelle der zahlreichen Kuhfladen umzingelt: eine Herde neugieriger Kuehe beobachtete verstaendnislos die aufgebauten Zelte und unser fruehstueckliches Treiben. 🙂
Der anschliessende Marsch ueber einen 4500m hohen Bergpass war aufgrund der duennen Luft recht anstrengend. Zudem gab es keinen Weg mehr und wir mussten erst ueber rutschiges Geroell aufsteigen, das wir auf der anderen Seite wieder hinabgeschlittert sind. Unser Ziel war der ¨Bauernhof¨ mit Schafen, Kuehen und Llamas von Signora America und ihrem Gatten.

Schlafen auf dem Schaefer-Hof, Anden-Trekking

Der ¨Hof¨ besteht aus ein paar einfachen, strohgedeckten Lehmhuetten, die im Inneren nicht mehr als ein Bett aus Erde und Stroh besitzen. Es gibt keine Toilette, dafuer aber ein separates Kuhfladen-Haus, um Brennmaterial fuer die Kochstelle zu lagern.

Haeuser der Schaefer, Anden-Trekking

Unser Lehmhaus bei den Schaefern, Anden-Trekking
Unsere Schlafstaette

Anstatt Brennholz - Kuhfladen Lagerhaus
Das Kuhfladen-Haus

Wir haben erstaunlich gut auf unseren Strohbetten geschlafen und waren am naechsten Tag rechtzeitig auf den Beinen, um beim Kuehe-Melken zu helfen. Die andinen Kuehe geben nicht mehr als 2 Liter Milch am Tag und lassen sich recht gut von Hand melken. Anschliessend wurde uns die noch warme Milch aus dem Eimer zum Trinken angeboten. Der Eimer war zwar von zweifelhafter Sauberkeit, aber was tut man nicht alles, um die Gastfreundschaft nicht zu verletzen! Ausserdem hat die Milch hervorragend geschmeckt! 🙂

Hinterbeine zusammbinden fuers Melken Sarah hilft beim Melken, Anden-Trekking

Ueber grasbewachsene Berghaenge ging es weiter vorbei an weiteren einfachen Schaeferhuetten. Da die Wege zu steil fuer Pferd Lisette waren, musste Walter einen anderen Weg mit den Tieren waehlen.

Friedrich wandert in den Anden

Schaefer-Huetten, Anden-Trekking

Als wir ihn am Endpunkt des Treks, wo das Taxi uns abholen sollte, wiedergetroffen haben, war er allerdings nur noch in Begleitung von Camucha. Das Pferd sei schon allein Richtung heimatlichem Stall vorausgegangen – es kenne ja den Weg. Als das Taxi dann kam, wurden wir darauf hingewiesen, bitteschoen nur auf der linken Seite Platz zu nehmen, da es irgendwelche Probleme mit der Achse gaebe. In Suedamerika lebt man etwas sorgenfreier, da stoert es nicht, wenn man mit einer beschaedigten Achse eine unbefestigte Bergstrasse entlang fahren muss. Fuer Camucha war kein Platz mehr im Wagen, so dass kurzerhand beschlossen wurde, der Hund koenne einfach neben dem Wagen mitlaufen.

Friedrich, Sarah, Walter, Magali und vorn Camucha

Und eine heisse Dusche spaeter sassen wir auch schon im Flieger nach Ecuador, wo wir uns als erstes eine Kabine auf einem Galapagos-Kreuzfahrtschiff gesichert haben. Doch davon mehr, wenn es wieder im Email-Postfach heisst: https://ummerum.wordpress.com !

From → Peru

3 Kommentare
  1. Wow, man kann Artikel jetzt auch „gerne haben“. Ich habe diesen Artikel gern 😉

    Was für Abenteuer ihr erlebt… hier nach braucht ihr nie wieder in Urlaub zu fahren, oder?

  2. Ich glaube schon, dass wir ab jetzt noch viel mehr in den Urlaub wollen, denn wir haben ja erst richtig Blut geleckt und durch viele Gespräche mit anderen Reisenden, wissen wir was wir in anderen Ländern verpassen und das müssen wir schliesslich nachholen!

    Schön, dass Du den Artikel gern hast 🙂

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